Mit großer Vorfreude traten wir an Christi Himmelfahrt, dem 9. Mai, unser langes Wochenende am Gimpelhaus an. Nach der Anreise und dem Aufstieg zum Gimpelhaus, den die Fleißigen unter uns ohne Unterstützung durch die Materialseilbahn bewältigten, stärkten wir uns kurz, bevor wir uns zur Kletterroute Till Ann an der Zwerchwand aufmachten. Dort hatten wir zum ersten Mal Kontakt mit einem Altschneefeld, was uns in den folgenden Tagen stets begleiten sollte. Die Route, die hauptsächlich im 3. und 4. Schwierigkeitsgrad lag, war perfekt mit Bohrhaken abgesichert. Wir kletterten in zwei Dreier-Seilschaften, wobei jeder Kursteilnehmer mindestens einmal vorstieg. Gleich in der ersten Seillänge verabschiedete sich ein Grasbüschel in hohem Bogen, direkt gefolgt vom Kletterer, der den Büschel losgetreten hatte. Natürlich hielten Bohrhaken und Seile stand und wir konnten zum Glück ohne Blessuren weitermachen. Als wir am Ausstieg angekommen waren und mit dem Abseilen begannen, wurde das Wetter zunehmend trüber. Wir lernten aus erster Hand, dass sich Abseilen gerne mal in die Länge zieht, sodass wir letztlich viel später als erwartet zurück an der Hütte waren. Das Hüttenpersonal war zum Glück verständnisvoll und wir haben trotz später Stunde zumindest noch einfachere Gerichte zum Abendessen bekommen.
Am Freitag erfreuten wir uns erneut an strahlendem Sonnenschein und machten uns auf den Weg zum Gimpel. Wir teilten uns in drei Zweierseilschaften auf, zwei davon kletterten die alte Südwand und eine Seilschaft kletterte den Südostkamin (beides überwiegend 3. und 4. Grad). In den Routen waren weniger Bohrhaken zu finden als am Vortag, was ein gutes Orientierungsvermögen erforderte. Einer der Teilnehmer lernte dabei, warum man sich als Vorsteiger in spärlich gesicherten Seillängen im dritten Grad gerne mal verhaut - und er machte erste Erfahrungen mit dem befreienden Gefühl, wenn nach vielen Klettermetern ohne Haken ein kleiner Riss auftaucht, in dem sich ein gut sitzender Friend oder ein Keil unterbringen lässt. Den Gipfel des Gimpels erreichten alle Seilschaften etwa gleichzeitig und nach einer wohlverdienten Pause kraxelten wir über den Gimpel Normalweg wieder zurück zum Gimpelhaus.
Am Samstag hatten wir wieder bestes Wetter und kletterten in Zweierseilschaften die alte Südwand (überwiegend 4. Grad) an der Roten Flüh. Wir machten Bekanntschaft mit einer 7er-Stelle, die trotz reichlich unterstützender Bandschlingen für viele immer noch eine Herausforderung war. Zu den weiteren Highlights gehörte eine feuchte Spalte, in die manch einer gut geschützt hinein kletterte, direkt gefolgt von einer Traverse mit reichlich Luft unter den Füßen. Im Abstieg von der Roten Flüh gab es noch ziemlich viel Altschnee. Wir nutzten daher die Gelegenheit, um das Bremsen im Firn zu üben.
Am Sonntag kletterten wir im Sonnenschein in Zweierseilschaften die sehr gut abgesicherte Route Morgenstund (meist 4. und 5. Grad) am Gimpel Südostvorbau. Neben einem kleinen Sturz in einen Friend führte auch der Abstieg über Schrofen mit Geröllauflage auf dem Vergessenen Normalweg für manche zu erhöhtem Adrenalinspiegel. Gut konzentriert war es aber für alle kein Problem dort abzusteigen. Nach einer Stärkung auf der Hüttenterrasse ging es zügig wieder zurück zu den Autos im Tal - für die Fleißigen wieder ohne Materialtransport. Unser besonderer Dank gilt unserem Tourenführer Christof und seiner Unterstützung Julian, die uns sehr viel beigebracht haben und stets geduldig und mit Spaß bei der Sache waren.
Jörg Hehn